Change Readiness – das (neu entdeckte) Fundament modernen Veränderungsmanagements.

Auszug aus dem Buch »Der nächste Trend kommt bestimmt: Facetten von Entwicklungen und erfolgreichen Veränderungsprozessen«

Es ist wie verhext, die Ergebnisse von Veränderungsprozessen in Unternehmen entsprechen seit Jahren nicht dem, was sich strategisch denkende Unternehmensverantwortliche, hochqualifizierte Change Manager, engagierte Teams, aber auch spezialisierte Berater auf die Fahne geschrieben haben.

Es gelingt offenbar nicht, den Anteil erfolgreich abgeschlossener Veränderungsprojekte signifikant zu steigern, obwohl doch Veränderungen die neue Konstante darstellen und das Wissen um das WIE einer Veränderung eigentlich vorhanden ist. Und so stellt die Gartner Group im Jahr 2019 fest, dass ein typisches Unternehmen von heute in den letzten drei Jahren fünf große unternehmensweite Veränderungen vorgenommen hat – mit erwartbar steigender Tendenz in den nächsten Jahren. Von diesen Veränderungsinitiativen gelten fast 65% als gescheitert bzw. nur teilweise erfolgreich und nur etwa 35% werden als klarer Erfolg bewertet.[1] Zu ähnlichen Ergebnissen kommen andere Analysten, die Zahlen sind bekannt.

Diese Nicht-Erfolge verwundern umso mehr, da das Bewusstsein für die Bedeutung des Change Managements weit entwickelt scheint und das Zusammenspiel von Strategie-, Change- und Projekt Management geübt ist. Auch fasst das Change Management als eigene Profession immer mehr Fuß. Die Zahl der Schulungsangebote wächst wie auch die der zertifizierten Change Manager. Change Management Modelle und Ansätze verschiedenster Anbieter und Wissenschaftler sind bekannt und breit etabliert. Sie ähneln sich alle im Verständnis, in der Struktur und hinsichtlich der Interventionen für die Gestaltung von großen und kleinen Veränderungen. Auch die Erkenntnis, dass sich das Umfeld spürbar und schnell ändert, ist nicht neu. Die „neuen“ Anforderungen der VUKA-Welt, der Agilität oder der Digitalisierung reichen als Erklärungsansätze für „resultat-freie“ Veränderungsinitiativen kaum mehr aus.

Daran wird es nicht liegen, dass Initiativen nicht den gewünschten Erfolg zeigen. Es muss etwas anderes sein, was dem Veränderungserfolg seit Jahren immer wieder ein Bein stellt. Damit das Change bzw. Transition Management erfolgreiche Realität und nicht nur ein „brotloses Bestreben“ ist, muss wahrscheinlich das Fundament von Veränderungsinitiativen umfassend analysiert und fokussiert werden.

Aus unseren Gesprächen mit Kunden nehmen wir immer öfter die Erkenntnis mit, dass die sog. Change Readiness in vielen Fällen nicht gegeben ist, also die Bereitschaft der Menschen wie auch der Organisation und des Umfelds, eine Veränderung tatsächlich voranzubringen, umzusetzen und zu verankern. Diese Lücke ist meist ein wesentlicher Grund für das Scheitern von Veränderungsprojekten.

Dieser Artikel will einen Beitrag dafür leisten, die Change Readiness nicht als Kür für ein Veränderungsvorhaben zu sehen, sondern sie als praxisnahe, lebendige und inhaltsreiche Pflichtaktivität für ein professionelles Change Management neu zu entdecken.

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Auszüge aus:

»Der nächste Trend kommt bestimmt: Facetten von Entwicklungen und erfolgreichen Veränderungsprozessen«

Carsten Fabig, Alexander Haasper , Vineyard Management Consulting GmbH (Hrsg.), November 2020, ISBN-13: 9783752685824

Was ist Change Readiness?

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne und jeder Anfang beginnt mit einem Ende. Damit sich etwas Neues entwickeln kann und Menschen den Zauber des Neuen erleben können, müssen sie sich von dem Gewohnten trennen. Das ist oft eine schwere Aufgabe, vielleicht sogar die schwerste Aufgabe im Change Management in Organisation.

Um ein erfolgreiches Veränderungsprojekt zu gestalten, müssen die Organisation und die Menschen vom Status Quo ausgehend immer zwei Wege gehen und zur gleichen Zeit am Ziel ankommen.

Auf der einen Seite muss sich die Organisation verändern, auf der anderen Seite müssen sich die Einzelnen bzw. Teams verändern, um dem Neuen gerecht zu werden. Ein Veränderungserfolg stellt sich nur ein, wenn sowohl die Organisation und die Einzelnen bzw. Teams zur gleichen Zeit am „Gipfel“ ankommen, die Veränderung leben und den Veränderungserfolg erleben. Beide Wege, der der Organisation und der des Einzelnen bzw. der Teams, werden durch Aussagen zu Purpose und Vision, Werten und Leitbildern, der Unternehmenskultur wie auch einer adäquaten Kommunikation ausgerichtet, zusammengehalten bzw. überhaupt begehbar.

Während bei der Organisation i.d.R. handfeste Themen wie eine Analyse, die Konzeption und das Re-Design von Strategien, Prozessen oder der IT-Unterstützung das Neue möglich machen, sind es bei den Menschen eher die subjektiven, persönlichen Themen, Fähigkeiten und Wünsche. Genau diese Subjektivität ist oft der Grund, warum Vorhaben scheitern.

Die Veränderungsziele selbst sind dabei selten die Ursache für das Scheitern von Veränderungsprojekten sind. Vielmehr leisten Menschen Widerstand gegen die Verluste und Abschiede, die sie erfahren werden, wenn etwas Neues entsteht. Viel zu oft wird dieser Aspekt totgeschwiegen und negiert. Dem muss durch Empathie und mit einem geordneten Vorgehen begegnet werden, um einen gewissen Grad der Change Readiness zu erreichen. Menschen sind erst „Change Ready“, wenn sie (Selbst-)Vertrauen und Mut erlangen, das Ende loszulassen, um etwas Neues zu greifen.

Was sich einfach skizzieren lässt und naheliegend erscheint, ist in der Realität die eigentliche Herausforderung. Ist die Organisation und sind die Menschen bereit für die Veränderung?

Die Association of Change Management Professionals® (ACMP®) versteht unter Change Readiness die Bereitschaft einer Organisation oder ihrer Teile eine bevorstehende Änderung zu akzeptieren, effektiv zu gestalten und in die Praxis zu integrieren.

Damit dies gelingt sind immer drei Dimensionen zu betrachten: „Können“, „Dürfen“ und „Wollen“. „Wollen“ die Menschen sich verändern, „dürfen“ sie sich verändern und „können“ sie es tatsächlich auch. „Wollen“ Organisationen ein neues Kapitel aufschlagen und sich verändern, „dürfen“ sie sich mit Blick auf Märkte, Gesellschafter oder anderen Einflussfaktoren weiterentwickeln und „können“ sie es tatsächlich mit Blick auf ihre verfügbaren Ressourcen.

Ohne eine Organisation und ohne eine Mehrzahl von Menschen in der Organisation, die gleichermaßen „Change Ready“ sind, wird ein Veränderungsvorhaben immer scheitern. Vielleicht ist das eine der wesentlichen Gründe, warum Veränderungsvorhaben immer wieder scheitern, wenn der Change Readiness zu Beginn zu wenig Beachtung geschenkt wurde.

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Autor des Beitrags:
Jochen Schuchardt

Tel.: +49.211.73.065.365

Mail: j.schuchardt [a t] bildwerkk.de

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